2. November, 2018 – Normalerweise stelle ich kein Reisetagebuch auf diesen Blog, sondern berichte über Eindrücke und teile Reiseanekdoten. Für einmal mache ich eine Ausnahme und erzähle von unserem Tagesausflug nach Cafayate.

Da Mirko und ich gestern eine Flasche guten argentinischen Malbec getrunken und uns in Gesprächen etwas verloren hatten, klingelt der Wecker heute viel zu früh. Es ist 6:20 Uhr. Ohne wirklich viel zu schwatzen, packen wir unsere Tagesrucksäcke und machen uns bereit für den Tag. Wir vergessen dabei jedoch, den Wetterbericht für den heute von uns angesteuerten Ort, Cafayate, zu prüfen, was sich später als nicht sehr klug herausstellt. Bei den rund 35 Grad hätten wir besser die kurzen Hosen montiert…

Um sieben Uhr trinken wir in unserem Budget-Hotel in Salta (mit 16 Dollar pro Nacht ein super Preis-Leistungsverhältnis) nach argentinischer Tradition einen Mate-Tee und packen die buttrigen Brötchen und zuckrigen Kekse ein. Kurz vor halb acht kommt der Reiseveranstalter in die Lobby, prüft unseren Namen und lässt uns dann, zusammen mit rund 16 anderen Personen, in den komfortablen Bus einsteigen.

Übrigens, Salta ist unsere erste Destination in Argentinien. Das kleine Kolonialstädtchen befindet sich nahe der chilenischen Grenze im Norden von Argentinien. Hier gibt es die wohl besten Empanadas im ganzen Land und uns gefällt die ruhige, geordnete Atmosphäre des ungewohnt modernen Städtchens.

Ja, ihr habt richtig gelesen. Heute sind wir nicht wie gewohnt individuell unterwegs, sondern haben eine organisierte “Kaffifahrt” in die 200 Kilometer entfernte Ortschaft von Cafayate gebucht. Wir hatten die Optionen der individuellen Anreise per Bus oder Mietauto geprüft. Doch schlussendlich stellte es sich als kostengünstiger (25 Franken für den Tag) und logistisch einfacher heraus, den Ausflug nach Cafayate mit dem Veranstalter Turismo Responsable aus Salta zu unternehmen. Ausserdem ist es ab und zu auch mal schön, als Vollzeitreisende ein bisschen Verantwortung abzugeben und ohne grossen Aufwand einen Ausflug machen zu können.

Im Bus werden wir freundlich begrüsst. Rund die Hälfte der Teilnehmer sind in unserem Alter, der Rest ist doppelt so alt. Gesichter aus Argentinien, Europa und den USA. Der Guide erklärt uns kurz den Tagesablauf und eine Anekdote zum ersten Dörfchen, das wir passieren: Cerrillos. Es ist in ganz Argentinien für die wilden Karnevalnächte im Februar bekannt. Ledige Frauen wählen hier ihre männliche Begleitung, in dem sie die Blume, die vor dem Mann ihrer Wahl auf der Festtafel bereit steht, in die Hand nehmen. Sind die Männer ausgewählt, gibt es kein Zurück, die Frau hat hier das Sagen… Die Geburtenrate im November ist in diesem Dörfchen jeweils ausserdem auffallend hoch, weshalb die lokale Bevölkerung scherzhaft “Kinder des Karnevals” genannt wird.

Als nächstes passieren wir Alemania. Ein ehemaliges Bahnarbeiterdörfchen, in dem sich im 19. Jahrhundert ausgewanderte Europäern niederliessen. Nachdem die Stadt verlassen wurde, lebt hier nun eine Hippie-Kommune.

Der erste Stopp legen wir in der Concha de Quebrada ein und besichtigen die Schlucht mit dem Namen Garganta del Diablo. Als Quebrada wird ein grünes Tal bezeichnet, das durch einen Fluss zwischen zwei Bergketten entstanden ist. Die tektonische Platte Südamerika, auf der wir uns hier befinden, lag vor Hunderten Millionen Jahren unter Wasser. Durch die tektonische Verschiebung der Nazcaplatte, die sich fortwährend unter die südamerikanische Platte schiebt, begannen sich solch markante Landschaften zu formen. Durch Ozeansedimente bekamen die Berge ihre typisch rote Farbe. Mit etwas Glück entdeckt man hier in den Felsen versteinerte Korallen und Muscheln aus früheren Zeiten.

Beim nächsten Halt besichtigen wir das Anfiteatro. Eine gewaltige, oben rund geöffnete Schlucht, die in der Musikszene bekannt für ihre wunderbare Akustik ist. Mirko fotografiert und ich höre gebannt dem Sambasänger mit seiner Gitarre zu. Während der Weiterfahrt geniessen wir die Aussichten über das langgezogene, farbige Cafayate-Tal.

Nach ein paar Stunden im Bus ziehen Mirko und ich folgendes Fazit: Die Organisation der Tour ist zwar gut, erinnert aber für unseren Geschmack zu sehr an eine Car-Reise für Senioren. Gerne hätten wir etwas mehr Zeit zur Verfügung, die Landschaft zu erkundigen und ausgedehntere Spaziergänge zu unternehmen. Doch die Bedürfnisse der Reisenden sind offenbar verschieden. Gerade die älteren Gäste aus Buenos Aires bekunden ganz offen, sie seien mehr am Wein und an der Bodega-Tour interessiert. Für die Kenner unter euch: Cafayate gilt als aufstrebende Weinregion Argentiniens. So hat sich hier in den letzten fünf Jahren die Anzahl der Bodegas verdreifacht.

Als wir gegen Mittag im 35 Grad heissen Cafayate ankommen, können wir es kaum erwarten, den Ort auf eigene Faust zu entdecken. Um das grosse, touristische Restaurant, welches vom Guide empfohlen wurde, machen wir einen Bogen und finden stattdessen ein gemütliches Pub für ein Zmittag.

Die letzte Station unseres Cafayate Ausflugs ist dann ein kurzer Abstecher in die Bodega Vasija Secreto. Hier wird hauptsächlich für das Klima (heisse Tage, kalte Nächte) typischen, sehr süssen Torrontes Weisswein produziert. Wir kosten diesen und einen jungen Malbec, der uns etwas weniger schmeckt. Generell hat es uns in dieser Bodega zu viele Touristen und wir nehmen es auf unsere To-Do-Liste, uns genau zu erkundigen, welche Weingüter wir in Mendoza auf eigene Faust besichtigen wollen. Gegen 15 Uhr steigen wir wieder in den Bus, der uns die rund 200 Kilometer zurück nach Salta bringt.

Der Auftakt in Argentinien ist uns geglückt. Wir freuen uns auf die nächsten Ausflüge und Erlebnisse im Land der Gauchos.

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Natalie and Mirko, Machu Picchu Peru

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